Craniosacrale Biodynamik

Gudrun Lux

Somatic Experiencing ®

Somatic Experiencing (SE)® ist eine körperorientierte Arbeit zur Bewältigung der Folgen von Schock und Trauma.


Geschichte und Wirkungsweise

Somatic Experiencing wurde von dem amerikanischen Psychologen, Traumaforscher und Körpertherapeuten Dr. Peter A. Levine entwickelt, der mehr als 40 Jahre zum Thema Stress geforscht und mit traumatisierten Menschen gearbeitet hat. Er orientierte sich daran, wie Tiere in der freien Wildbahn ihren Stress verarbeiten, und entwickelte aus dieser Beobachtung und der Arbeit mit seinen Klienten ein tiefes Verständnis, wie ein Trauma entsteht und aufgelöst werden kann. Wesentliche Prinzipien dieses Wissens hat er in Somatic Experiencing umgesetzt. 

Das Besondere und Neue seines Ansatzes war die Erkenntnis, dass es sich bei einem Trauma nicht um eine rein psychische Reaktion auf ein überwältigendes Erleben handelt, sondern um eine komplexe Reaktion, die Körper und Psyche betrifft (psychophysische Reaktion). 

Diese entwickelt sich, wenn unter anderem die vom autonomen (unwillkürlichen) Nervensystem initiierten instinktiven Überlebensreaktionen wie Kampf oder Flucht nicht oder nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnten. 

Im Somatic Experiencing geht es um die Vervollständigung dieser physiologisch erstarrten und unvollständigen Abwehrreaktion und um die Wiederherstellung der Fähigkeit zur Selbstregulierung des Organismus und der Rückkehr zu dessen dynamischem Gleichgewicht. 



Traumasymptome werden nicht durch das äußere Ereignis verursacht. Sie entstehen, wenn überschüssige Energie nach dem traumatischen Erlebnis nicht aus dem Körper entladen wird. Diese Energie bleibt im Nervensystem gebunden und kann auf Körper und Geist weitreichende Auswirkungen haben.

                                      Peter A. Levine




Was ist ein Trauma?

Ein Trauma ist ein Erleben, das den Menschen mit einem Gefühl der Überwältigung und Hilflosigkeit zurücklässt. Die eigene Schutzhülle und Grenze ist verletzt. Diese Erfahrung kann beispielsweise durch eine (lebens-)bedrohliche Situation entstehen, in der zu schnell und zu heftig zu viel geschieht.

Traumatisierende Erlebnisse haben vielerlei Gestalt. Verkehrsunfälle, Stürze, Operationen, schwere Krankheiten, Verletzungen, der Verlust eines nahen Menschen, Vernachlässigung in der Kindheit oder pränatale Bedrohung im Mutterleib gehören genauso dazu wie Krieg, Naturkatastrophen oder sexualisierte Gewalt. Auch scheinbar gewöhnliche Ereignisse wie medizinische Behandlungen, ein Hundebiss, das Miterleben von Gewalt im Fernsehen können traumatisieren.

Menschen reagieren in Bedrohungssituationen ebenso wie Tiere primär instinktiv und biologisch mit Kampf, Flucht oder Erstarrung (Totstellreflex). Erst sekundär reagieren wir kognitiv und psychisch.  

Sind wir im Kampf oder der Flucht erfolgreich, werden die hierbei mobilisierten Energien im Körper wieder abgebaut und das natürliche Gleichgewicht der Kräfte in unserem System wieder hergestellt. Ist die Situation jedoch so überwältigend, dass Flucht oder Kampf unmöglich sind, werden diese Reaktionen zwar initiiert und der Körper stellt dafür sehr viel Energie bereit, können aber nicht ausgeführt oder abgeschlossen werden. Dann wirkt der Totstellreflex, die Erstarrung als letzte Überlebensreaktion, und es kommt zu einer Blockade im Nervensystem.

Die zuvor bereitgestellten Energien bleiben im Nervensystem gefangen und werden nicht entladen. Die Fähigkeit des Körpers zur Selbstregulation wird gestört. Es ist wie wenn Gaspedal und Bremse gleichzeitig aktiviert werden.  


Was sind die Folgen? 

Wenn diese hohe Ladung an Überlebensenergie im Nervensystem nicht gelöst werden kann, reagiert der Körper, als bestünde die Bedrohung weiterhin. 

Verhaltensweisen, Gedanken, Gefühle und Überzeugungen des Betroffenen sind dann - oft noch unbewusst - mit dem erschreckenden Erlebnis aus der Vergangenheit gekoppelt. 

In der Folge zeigen sich, manchmal auch erst Wochen oder Monate später, somatische und psychische Symptome (posttraumatische Belastungsstörungen) wie Übererregbarkeit, Ängste, Schlaflosigkeit, Angespanntheit, Aggression, Depression, traumatische Erinnerungen (Flashbacks), Panikattacken, chronische Schmerzen, Erschöpfung (Burnout) oder Vermeidungsverhalten.  

Dem Menschen steht nicht mehr sein volles Potential zur Verfügung.


Wie funktioniert Somatic Experiencing 

Somatic Experiencing arbeitet primär mit den Folgen des überwältigenden Ereignisses im Körper und Nervensystem und nicht mit dem Ereignis selbst. So ist es auch möglich, das Trauma zu bearbeiten, ohne über das Ereignis zu sprechen, wenn das Erlebte emotional zu belastend scheint oder nicht bewusst erinnert werden kann.  

In der Arbeit mit Somatic Experiencing wird der Kontakt zum Nervensystem über die körperlichen Empfindungen hergestellt. Zuerst werden mit dem Klienten jene Ressourcen entwickelt, die während der ursprünglichen Situation fehlten oder unzureichend waren. 

Auf dieser gestärkten Basis erfolgt dann die Annäherung an das Trauma. Im Pendeln zwischen den Ressourcen und der für das Nervensystem überwältigenden Erfahrung werden Spannungsmuster losgelassen und die gebundene Überlebensenergie gelöst. Durch die Vorgehensweise des „Neuverhandelns“ statt des Wiedererlebens eines traumatischen Ereignisses erfolgt die Veränderung in kleinen Schritten, damit das System sie auch wirklich integrieren kann. 

Die im Trauma gebundene und erstarrte Überlebensenergie für Kampf oder Flucht, die nicht genutzt werden konnte, wird nun nach und nach wieder freigesetzt und dem System wieder zugeführt. So werden auch nicht vollendete Abwehr- und Schutzreaktionen vollendet. 

Auf diese Weise findet das Nervensystem wieder zu seiner ursprünglichen Selbstregulierungsfähigkeit zurück, die Symptome können sich lösen.


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